Lexikon






Kreuzdorn

Rhamnus catharticus LINNÉ. Der Purgier-Kreuzdorn ist ein bis zu 3m hoher sparrigwachsender Strauch mit lockerer Krone. Die Zweige sind meist gegenständig und oft verdornt. Die Blätter sind gegenständig, elliptisch bis kreisrund und stumpf oder eiförmig zugespitzt. Die Blüten sind unvollständig eingeschlechtig, das heißt jeweils mit den verkümmerten Resten des anderen Geschlechts. Kelchblätter sind schmal, 3eckig, 2-3 mm lang. Die Kronblätter sind lineallanzettlich, spitz, doppelt so lang wie die Kelchblätter und grünlich. Die Fruchtknoten in der becherförmigen Blütenachse sind stehend, und bei den männlichen Blüten sind sie verkümmert. Die Frucht ist eine erbsengroße, schwarze, kugelige Steinfrucht. Sie blüht von Mai bis Juni. Zu finden ist sie in lichten Wäldern, Gebüschen und Mooren.

Verbreitet ist sie in ganz Europa und in Westasien. In der Medizin findet sie in einigen Fertigpräparaten als mildes, auf den Dickdarm wirkendes Abführmittel anwendung. Wegen möglicher Vergiftung wird von einer Selbstbehandlung abgeraten.

Wirkung:
Pharmakologische Eigenschaften, Pharmakokinetik, Toxikologie: 1,8-Dihydroxyanthracenderivate haben einen laxierenden (abführenden) Effekt. Dieser beruht vorwiegend auf einer Beeinflussung der Colonmotilität (Grimmdarmbewegung) im Sinne einer Hemmung der stationären und einer Stimulierung der propulsiven Kontraktionen. Daraus resultieren eine beschleunigte Darmpassage und aufgrund der verkürzten Kontaktzeit eine Verminderung der Flüssigkeitsresorption. Zusätzlich werden durch die Stimmulierung der aktiven Chloridsekretion Wasser und Elektrolyte sezerniert.

Systematische Untersuchungen zur Kinetik von Zubereitungen aus Kreuzdornbeeren fehlen, jedoch ist davon auszugehen, daß in der Droge enthaltene Aglyka bereits im oberen Dünndarm resorbiert werden. Die ß-glykosidisch gebundenen Glykoside sind Prodrugs, die im oberen Magen-Darm-Trakt weder gespalten noch resorbiert werden. Sie werden im Dickdarm durch bakterielle Enzyme zu Anthronen abgebaut. Anthrone sind der laxative Metabolit (abführende wirksame Substanz).

Aktive Metaboliten anderer Anthranoide, wie Rhein, gehen in geringen Mengen in die Muttermilch über. Eine laxierende Wirkung bei gestillten Säuglingen wurde nicht beobachtet. Tierexperimentell ist die Plazentagängigkeit von Rhein äußerst gering.

Drogenzubereitungen besitzen, vermutlich aufgrund des Gehalts an Aglyka, eine höhere Allgemeintoxizität als die reinen Glykoside. Untersuchungen zur Genotoxizität der Droge bze. von Drogenzubereitungen liegen nicht vor. Für Aloe-Emodin, Physcion und Chrysophanol liegen teilweise positive Befunde vor. Zur Kanzerogenität (krebserzeugende Eigenschaft) liegen keine Untersuchungen vor.

Nebenwirkung:In Einzelfällen krampfartige Magen-Darm-Beschwerden. In diesen Fällen ist eine Dosisreduktion erforderlich. Bei chronischem Gebrauch/Mißbrauch: Elektrolytverluste, insbesondere Kaliumverluste, Albuminurie und Hämaturie; Pigmenteinlagerungen in die Darmschleimhaut (Pseudomelanosis coli), die jedoch harmlos ist und sich nach Absetzen der Droge in der Regel zurückbildet. Der Kaliumverlust kann zu Störungen der Herzfunktion und zu Muskelschwäche führen, insbesondere bei gleichzeitiger Einnahme von Herzglykosiden, Diuretika und Nebennierenrindensteroiden.

Anwendungsgebiete: Obstipation (Stuhlverstopfung)

Dosierung: 29-30mg Hydroxyanthracenderivate/Tag, berechnet als Glucofrangulin A. Die individuell richtige Dosierung ist die geringste, die erforderlich ist, um einen weichgeformten Stuhl zu erhalten.

Art der Anwendung: Zerkleinerte Droge für Aufgüsse, Abkochungen, Kaltmazerate oder Elixiere. Flüssige oder feste Darreichungsformen ausschließlich zur Einnahme.

Hinweis: Die Darreichungsform sollte auch eine geringere als die übliche Tagesdosis erlauben.

Gegenanzeigen: Darmverschluß, akut entzündliche Erkrankungen des Darmes, z.B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa (schwerwiegende Entzündung des Dickdarms mit Eiterung und Geschwürbildung), Appendizitis (Entzündung des Wurmfortsatzes des Blinddarms), abdominale Schmerzen (Unterleibsschmerzen) unbekannter Ursache. Kinder unter 12 Jahren. Schwangerschaft.

Besondere Vorsichtshinweise für den Gebrauch: Stimulierende Abführmittel sollten ohne den Rat des Behandlers nicht über längere Zeiträume (mehr als 1-2 Wochen) eingenommen werden.

Verwendung bei Schwangerschaft und Laktation (Stillzeit): Aufgrund unzureichender toxikologischer Untersuchungen nicht anzuwenden während der Schwangerschaft und Stillzeit.

Wechselwirkung mit anderen Medikamenten: Bei chronischem Gebrauch/Mißbrauch durch Kaliummangel Verstärkung der Herzglykosidwirkung sowie eine Beeinflussung der Wirkung von Antiarrhythmika möglich. Kaliumverluste können durch Kombination mit Thiaziddiuretika, Nebennierenrindensteroiden und Süßholzwurzel verstärkt werden.

Überdosierung: Elektrolyt- und flüssigkeitsbilanzierende Maßnahmen.

Besondere Warnungen: Eine über die kurzdauernde Anwendung hinausgehende Einnahme stimulierender Abführmittel kann zu einer Verstärkung der Darmträgheit führen. Das Präparat sollte nur dann eingesetzt werden, wenn durch eine Ernährungsumstellung oder Quellstoffpräparate kein therapeutischer Effekt zu erzielen ist.

Wirkstoff/Droge: Kreuzdornbeeren, bestehend aus den getrockneten reifen Früchten sowie deren Zubereitungen in wirksamer Dosierung. Die Droge enthält Anthranoide, überwiegend vom Emodin-Typ.

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