Lexikon
Gerbstoffe
Zur Gerbung von Tierhäuten wurde früher Eichenrinde verwendet. Mit diesem Verfahren wird die Tierhaut in haltbares Leder verwandelt. Gerbstoffe lagern sich zwischen die Kollagenstränge und verknüpfen diese chemisch miteinander. Dazu sind Moleküle einer Größe von 500 bis 3000 µ und mit 1-2 Hydroxylgruppen pro 100 µ nötig. Gerbstoffe beinhalten unterschiedliche chemische Stoffklassen und sind folgendermaßen definiert:
- Bildung von schwerlöslichen Verbindungen mit Eiweißen
- Adstringierende Wirkung (zusammenziehend)
- Löslich in heißem Wasser oder Alkohol, schwerlöslich in kaltem Wasser und unlöslich in Kohlenwasserstoffen (Benzin).
Gerbstoffhaltige Galläpfel dienten früher zur Tintenherstellung. Eisensalze und Gerbstoffe ergeben dunkel gefärbte Lösungen.
An den Bräunungsreaktionen frischer pflanzlicher Gewebeteile, z. B. an aufgeschnittenen Äpfeln, sind ebenfalls Gerbstoffe beteiligt. Auch die braune Haut auf abgekühltem Schwarztee, die meist auch die Trinkgefäßwände überzieht, enthält Gerbstoffe.
Sogenannte hydrolisierbare Gerbstoffe bestehen aus einem Zuckeranteil und einem Phenolanteil. Durch Hydrolyse lassen sich die Moleküle in diese Einzelkomponenten aufteilen. Als Phenolanteil kann Gallussäure in den Gallotanninen, Hexahydroxydiphensäure in den Ellagen-Gerbstoffen und Catechin enthalten sein.
Eine zweite Gruppe von Gerbstoffen, die sogenannten kondensierten Gerbstoffe, entstehen durch Kondensation von Catechineinheiten (Zusammenlagerung von kleinen Molekülen zu einem großen Molekül unter Wasserabspaltung) im sauren Milieu des Zellsaftes. Das Kondensationsprodukt ist zunächst wasserlöslich. Erst beim Trocknen und Lagern der Droge bilden sich wasserunlösliche Verbindungen.
Gerbstoffe bzw. gerbstoffhaltige Drogen werden äußerlich und innerlich angewendet. Die Behandlung von Wunden und Verbrennungen mit Gerbstoffen hat eine lange Tradition. Durch den adstringierenden und gerbenden Effekt bringt man Blutungen zum Stehen und sorgt für einen schnellen Wundverschluß, unter dem die Wundheilung ohne Störungen von außen ablaufen kann.
Gerbstoffe schützen Zellen entzündeter Schleimhäute vor weiterer Reizung, wenn nicht überdosiert wird. Die Wirkung läßt sich mit einer Verdichtung der Oberfläche (adstringierend) erklären. In diesem Sinne werden die Gerbstoffe bei Magen-Darm-Katarrh, Gastritis und Diarrhö eingesetzt.
Durch Überdosierung oder bei der Behandlung großflächiger Verbrennungen können größere Mengen an Gerbstoffen resorbiert und damit Leberschäden verursacht werden.